Montag, 9. Juni 2014

Ihr Lieben!

Schon wieder sind 3 Monate voller Erlebnisse, neuer Erfahrungen und toller Abenteuer vergangen. Ich komme gar nicht dazu, diesen Rundbrief zu schreiben, weil ich so beschäftigt bin!
Damit ich nicht einfach wild drauf los sprudele und euch ein einziges Chaos erzähle, will ich es geordnet angehen. Seit meinem letzten Rundbrief im Februar ist viel passiert!

Erfreulicherweise kam mich Ende Februar mein Freund Max knapp einen Monat lang besuchen. Ich hatte also viel Urlaub und wir daher viel Zeit zum Reisen. Von Jerusalem und Bethlehem über dieNegev Wüste, das Tote Meer und Tel Aviv – alles haben wir abgeklappert. Da hier in Israel ja alles außer Bus fahren teuer ist, haben wir an den Unterbringungskosten gespart und zum 1. mal Couchsurfing ausprobiert! Es war ein echter Erfolg. Wir sind wirklich so netten Menschen begegnet! In Arad, in der Wüste waren wir z.B. bei einem alten amerikanischen Ehepaar untergebracht, die schon die ganzeWelt gesehen haben. Aufgrund eines Missverständnisses mussten wir allerdings schon früher ausziehen als gedacht, es musste also eine Notlösung her, damit wir nicht ohne Dach überm Kopf schlafen mussten. Zu Beginn des Jahres, als ich auf dem In-D-Negev Festival war, hatte ich ein paar Leute aus Arad kennen gelernt und bei denen habe ich jetzt spontan angefragt: Nach einer Stunde hatte sich jemand gefunden, der uns für die nächsten 3 Tage aufgenommen hat. Diese Spontanität, kombiniert mitGastfreundschaft erlebe ich hier wirklich ausgesprochen oft! So kam es, dass wir im Laufe dieser 3 Tage schon in Stress gerieten, weil wir jeweils 2 Abendessenseinladungen für den gleichen Abend hatten.
Wie ich schon mal eher erwähnt hatte, gibt es hier in Israel unglaublich viele deutsche Volontäre. Viele kennen sich untereinander. So war es auch keine Seltenheit, dass ich beim Reisen an den Touristenorten mehrere Male mit Namen angesprochen wurde, oder dass wir in Tel Aviv im Hostel mit anderen Bekannten gekocht haben.

Den zweiten Teil unserer gemeinsamen Zeit haben wir in Jordanien verbracht. Diese Woche war ein Abenteuer für sich! Von Nazareth aus haben wir einen Bus bis nach Amman, in die Hauptstadt Jordaniens genommen. An der Grenze sind wir zu Fuß von Israel nach Jordanien marschiert, haben ein paar jordanische Dinar gewechselt, unser Visum geholt und wieder in den Bus gehüpft. Schon Nachmittags sind wir in Amman angekommen. Vom Busbahnhof mussten wir ein Taxi zum Hostel nehmen und sind direkt auf die jordanischen Preise reingefallen. - Wir haben den 8fachen Preis bezahlt, worüber wir uns im Nachhinein sehr geärgert haben.
 Das arabische Großstadtleben hat mich sehr an die Altstadt Jerusalems und die Innenstadt Ramallahs erinnert. Es ist laut, lebhaft, chaotisch, und es gibt viele Stände mit Obst/Gemüse und Kleidern. Am nächsten Tag haben wir uns schon auf den Weg nach Petra gemacht. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal etwas so beeindruckendes wie diese alte, in Sandstein gemeißelte Stadt gesehen habe! Ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus und war fasziniert von dem Anblick. Mitten in der scheinbar leeren, trockenen Wüste läuft man durch ausgetrocknete Flussbette und sieht über steinige Hügel... Und wenn man dann durch die richtige Felsspalte läuft, hat man den Anblick einer riesigen Tempelfassade. Wenn man weiter läuft, sieht man zig kleine Höhlen und in den Stein gemeißelte Bilder, weitere Säle bis hin zu riesigen Palästen. Hinzu kommt noch, dass man eine atemberaubende Aussicht in die weite Ferne hat! Petra war in der Antike die Hauptstadt der Nabatäer, später haben Beduinen darin gewohnt, welche heutzutage allerdings großteils umgesiedelt wurden. Falls jemand von euch die Gelegenheit hat in den Nahen Osten zu reisen – Petra ist in jedem Fall einen Abstecher wert!




Nach 2 Tagen fleißigem Ablaufen der Stadt sind wir weiter Richtung Süden gereist. Im Wadi Rum sind wir auf Kamelen geritten und in Aqaba, am Roten Meer waren wir noch Tauchen. Wir haben sogar eine Krake gesehen!

Viel zu schnell ging die Zeit vorbei und abermals sind wir zu Fuß über die Grenze von Aqaba nach Eilat gelaufen. Binnen weniger Minuten waren wir wieder zurück in Israel, was mir plötzlich so vertraut und heimisch erschien. Direkt hinter der Grenze hängen viele große Israel-Flaggen, der Reisepass wird streng unter die Lupe genommen, das Gepäck wird durchleuchtet und die Soldaten hinter dem Kontrollschalter reden Hebräisch, diese einst so fremde Sprache, von der ich jetzt einiges verstehe. Im Vergleich zum Arabischen in Jordanien natürlich ganz besonders.

Um die Osterzeit herum gibt es hier in Israel auch viele jüdische Feiertage, die mir die jüdisch-israelische Kultur nochmal um einiges näher gebracht haben. Hier in Israel gibt es Feiertage für alles und jeden! Alles muss ja auch gefeiert werden. Feiern ist ja auch was schönes! So ist die Stimmung hier.

Zum einen war da Purim: Purim ist der israelische Karneval. Alle verkleiden sich wild, es gibt auch Umzüge durch die Straßen, Veranstaltungen, es wird viel Alkohol getrunken – nur die rheinischeKarnevalsmusik fehlt! Bei mir im Kfar gab es eine Woche lang jeden Abend unterschiedliche Aktivitäten, wie z.B. Masken basteln oder ein Tattoo auf die Hand gemalt bekommen. Zum krönenden Abschluss war dann eine große Party, wo alle geschminkt und verkleidet wurden und auch die Volontärsband gespielt hat.Zu großen Veranstaltungen bekommen wir hier ins Kfar einen extra Gast: einen Tabukaspieler! Der macht richtig gute Stimmung, alle trommeln und es wird Gang-Nam Style und Eeeeh Makarena gesungen und getanzt. Wie an jedem Feiertag fallen abends alle müde ins Bett – vor allem die Organisatoren!

Eine Woche später ging der Feier-Maraton weiter: Pessach. Pessach war dieses Jahr zeitgleich mit den russischen und unseren Osterfeierlichkeiten. Daher war dieses Wochenende auch der Wahnsinn! Ich war sehr beschäftigt und dauernd unterwegs.

An Pessach wird an die 40 Jahre Sklaverei und den Auszug aus Ägypten erinnert. Pessach ist insofern die aufwändigste jüdische Feier, weil sie eine ganze Woche lang anhält und es ganz bestimmte traditionelle Vorschriften gibt. Während der ganzen Pessachzeit darf kein Brot gegessen werden. Generell alles mit Hefe oder Weizen wird für eine Woche strikt aus den Haushalten verbannt. Ob mann es glaubt oder nicht – selbst in Supermärkten kann man in dieser Zeit viele Produkte, die Spuren von Weizen oder Hefe enthalten, nicht kaufen. Die Regale im Supermarkt werden abgehängt und nur die Produkte, die frei ausliegen darf man kaufen! Kein Brot, keinen Fruchtsaft, keine Kekse, keine Tomatensoße, kein Puddingpulver, kein Kaugummi, kein Bier … - falls doch eins dieser Produkte benötigt wird, muss man schnell zum arabischen Supermarkt rennen.
Das Fest beginnt mit dem Pessach-Abend, der „laila seder“. Ich hatte das Glück und durfte diesen Abend in einer israelischen Familie verbringen. Die Stimmung an dem Abend ist in etwa vergleichbar mit Heiligabend bei uns. Klar, es gibt weder Weihnachtsschmuck noch einen Weihnachtsbaum, aber die ganze Familie kommt traditionell zusammen und es gibt ein großes Festessen. Kinder tragen ein Gedicht passend zu Pessach vor, wer ein Instrument spielt, gibt ein Stück zum Besten und in manchen Familien gibt es sogar Geschenke.Der größte Unterschied zum Weihnachtsabend ist jedoch, dass die „Pessach Haggadah“ gelesen wird. Im Laufe des Mahles wird diese Schrift von dem Familienoberhaupt gelesen. Darin wird der Auszug aus Ägypten nacherzählt. Zwischendurch gibt es viele Rituale, beginnend mit dem Hände waschen, gefolgt von dem Brechen einer „Matzah“, dem Pessach-Brot, welches nur aus Mehl und Wasser besteht, ungesäuert ist und leicht pappig schmeckt. Das Brot ist ungesäuert, da es es traditionell wie bei der Flucht aus Ägypten schnell gebacken werden muss, und keine Zeit zum gehen des Teiges blieb.
Während der ca 1,5h Zeremonie werden nach und nach ein Stück Ei (für die Fruchtbarkeit und Zerbrechlichkeit der Menschen), etwas Bitteres (Meerrettich, für die Bitterkeit der Knechtschaft in Ägypten), etwas Süßes (Dattelmouse, symbolisch für den Lehm aus den die Israelis in der Knechtschaft die Ziegel herstellten), eine Frucht aus der Erde (Radieschen, für die unterdrückende Arbeit in Ägpten) gegessen und 2 Gläser Wein getrunken, welche für den Propheten Elija bestimmt sind.
Danach gibt es das richtige Essen! Mmmh... viele Salate, unterschiedliche Fleischsorten, Gemüse und gefüllte Artischocken, zu guter Letzt gab es noch Eis mit gekochten Birnen und einen von uns gebackenen Käsekuchen. Das Highlight des Essens war jedoch die „Kneedle-Suppe“ und „gefillte Fish“ - Knödelsuppe und Fischbällchen. Die Namengebung stammt aus dem Jiddischen.

Am nächsten Tag ging es für mich direkt morgens früh los. Ich habe das Osterwochenende nämlich mit anderen Freiwilligen und unseren arabischen Freunden aus dem Projekt am Toten Meer und in Eilat verbracht. Mit dem Auto sind wir Richtung Süden gefahren und haben die Nächte im Zelt verbracht. Um möglichst sparsam und unkompliziert unterwegs zu sein, haben wir uns ganze 3 Tage nur von Humus, Tchina, Pita und ein bisschen Fleisch ernährt. Für 3 Tage war es super lecker!
Jetzt kann ich Humus und Pita nicht mehr sehen :D. Dieses Wochenende war das 1. richtig heiße hier in Israel! Wir sind um 1h morgens mit dem Auto durch die dunkle Nacht gefahren, hatten die Fensterauf, und es hat sich angefühlt, als würde ich von einem Föhn angepustet werden. Am Ostersonntag war ich also sowohl im Toten, als auch im Roten Meer und habe dabei ganz die Osterfeierlichkeiten vergessen. Allerdings haben Milena und ich einen Osterspaziergang mit unseren Membern gemacht, und um ein wenig in Osterstimmung zu kommen ein paar Nester versteckt!
Totes Meer
Rotes Meer, Blick auf Eilat, rechts im Hintergrund: Aqaba, Jordanien
Sonntag Abend waren wir zurück in Tivon. Montag Mittag gings direkt weiter: Milena (eine Mitfreiwillige) und ich waren bei einer russisch-ukrainischen Mitarbeiterin Jelena zum Osteressen eingeladen. Pünktlich um 13h saß die ganze Familie, wir zwei Deutsche und noch ein indischer Mitarbeiter, der auch eingeladen war um den reich gedeckten Tisch. Nicht nur das Essen war anders als bei uns, auch die Tradition. Das erste, was wir taten war also – mittags um 13h, passend zum Mittagessen– mit einem Shot Whiskey auf Ostern anzustoßen. Sehr skurril alles. Auch hier sind wir mehr als satt geworden, von Meeresfrüchtesalat über Pastete, Gemüse, Fleisch, Wodka, Whiskey … alles was eben dazu gehört! Zum Nachtisch hatte Jelena für uns kleine Osterhasen gebacken (sie hatte sich vorher im Internet schlau gemacht, wie denn bei uns Ostern gefeiert wird!). Eine sehr sehr herzliche Frau ist sie und reden tut sie auch viel! Allerdings nur auf Hebräisch. In diesem Zusammenhang muss ich sagen, dass ich meine Hebräischkenntnisse an diesem Wochenende auf die Probe stellen musste und selber überrascht war, wie viel ich doch schon verstehe, wenn es eben gehen muss und Englisch einen gar nicht weiter bringt. Sowohl an dem Wochenende in Eilat, als auch bei Jelena wurde nämlich nur Hebräisch geredet.

Vorerst Feierpause! Anfang Mai ging es weiter mit dem Holocaust-Day, dem Soldier-Day und dem Independence-Day.
Der Holocaust-Day war ein sehr trauriger und auch bewegender Tag. Am Abend wird er um 22h mit einer einminütigen Sirene und gleichzeitigen Schweigeminute eingeleitet. Für jedes Opfer des Holocaust wird an diesem Tag eine Kerze angezündet, und es wird viel getrauert. Auch am nächsten Mittag gibt es nocheinmal eine Schweigeminute und in einer Zeremonie hat ein jeder die Möglichkeit die Geschichte seiner Familie zu erzählen. Jedes Jahr wird einer bestimmten Gruppe gedacht. Den ganzen Tag über wird keine laute Musik gehört, wird nicht gelacht oder gespaßt. Die ganze Atmosphäre ist sehr bedacht und betrübt.
Für mich war es eine wichtige Erfahrung, diesen Tag hier in Israel mitzuerleben, auch wenn es ein komisches Gefühl war, an diesem Tag Deutsch zu sprechen und gefühlt als einzige Person nicht familiär beteiligt zu sein.

Der Soldier-Day erinnert an alle gefallenen Soldaten in den Kriegen Israels seit 1948. Auch dieser Feiertag wird durch eine Sirene und Schweigeminute eingeläutet und auch am darauffolgenden Mittag gibt es eine Schweigeminute. Zum Zeitpunkt der Schweigeminute habe ich mich an einer Bushaltestelle befunden. Es war wirklich faszinierend, wie Punkt 11h alle Autos angehalten haben, die Fahrer ausgestiegen sind und alle still standen. Ganz Israel steht eine Minute lang still. Keiner bewegt sich. Und eine Minute lang schrillt ohrenbetäubend die Sirene.
Der Soldier-Day geht direkt in den Independence-Day über, da die gefallenen Soldaten in engen Zusammenhang mit der Israelischen Unabhängigkeit stehen. Am Unabhängingkeitstag „dreht dann ganz Israel am Rad“. Überall hängen Israel Flaggen: an Autobahnen, Autos, Häusern, es gibt Anhänger, Luftspielzeuge oder Haarreifen. Hauptsache alles ist blau-weiß! Am Abend des Unabhängigkeitstages sind alle Menschen draußen auf den Straßen, es wird BBQ gemacht, gesungen, gelacht, getanzt, die Schulklassen führen Tänze auf, und die Kinder dürfen bis lange in die Nacht wach bleiben. Der israelische Nationalstolz ist etwas, das für mich als Deutsche eher befremdlich ist. Allein die Vorstellung, wie es wäre, wenn so viele Deutschlandflaggen aufgehängt wären, ist für mich komisch. Aber hier ist es normal, und wenn man sich drauf einlässt, hat man auch schnell einen Israel-Botton am T-Shirt und einen Lufthammer mit Israelflagge in der Hand.Abgesehen von den ganzen Feiertagen, bin ich in der letzten Zeit auch noch mal gut in Israel rumgekommen. Meine Freundin Tabea kam mich besuchen und ein paar Tage lang sind wir noch mit zwei anderen Volontärinnen den Golan-Trail gewandert. Wir sind in Odem bei einem Bekannten von Milena gestartet. Ein paar Tage zuvor hatten wir in Jerusalem auf dem Markt ein paar leckere Sachen zum Essen wie Tchina, Oliven, Nussbrot, Baklava, getrocknete Früchte... gekauft. Ich muss sagen, ich hatte mich schon richtig auf unsere Picknickpausen gefreut, bei den Leckereien! Auf dem Weg in den Golan fing dann schon das Unglück mit unserem Essen an. Die Tüte mit dem Baklava haben wir bei all dem Gepäck einfach im Bus liegen lassen. Am nächsten Morgen in Odem beim Frühstück ging es dann weiter ...Ich fing an, den Tisch draußen zu decken und den Kaffee vorzubereiten – als der Kaffee gemacht war, war das Brot nicht mehr da. Zuerst dachte ich, Milena hätte es vielleicht wieder rein geholt, aber nein, es hatte sich der uns unbekannte Hund des Gastgebers daran erfreut und es einfach vom Tisch geklaut. Das wars dann mit dem leckeren Nussbrot, kalte Nudeln zum Frühstück. Für den ersten Tag hatten wir noch genug – ein paar Kräcker, Tchina, Oliven, getrocknete Früchte und etwas Rohkost. Viel war das allerdings nicht. Umso mehr haben wir uns gefreut, als wir bei unserer Picknickpause auf eine große Wandergesellschaft getroffen sind, die noch soo viel Picknickreste übrig hatte und uns zum Essen eingeladen hat.
So gab´s unerwartet Erbsensalat, Taboulet, Vollkornbrot, Humus, Wassermelone, Kekse und vieles mehr. Gestärkt gings auf die 2. Etappe entlang an „Danger Mines“- und „Stay on the path“- Schildern und der Sicht auf Syrien. Hier und da stand am Wegesrand ein verlassener Panzer. Auch an dem Tal, in dem der Jom-Kippur-Krieg begann, sind wir vorbeigewandert.
Am 1. Tag haben wir 20 Kilometer zuückgelegt. Beim Suchen nach einem geeigneten Zeltplatz hat unsere Glückssträhne dann weiter angehalten. Zufälligerweise sind wir auf Jugendliche aus dem nahgegelegenen Kibbutz getroffen, welche uns eine leere Wohnung als Schlafplatz anbieten konnten. Auch hier wurden wir mit Speis und Trank versorgt und unser Proviant hat noch ein bisschen länger gehalten. Am nächsten Tag war unsere Strecke nicht ganz so weit, aber nicht weniger anstrengend. Der 2. Tag war nämlich 5 Grad wärmer und komplett windstill. Bei 32°C sind wir also durch die pralle Sonne gelaufen. Das Highlight des Tages war die Wanderung auf den Mt. Bental neben Merom Golan. Von dort aus hatten wir eine fantastische Aussicht. Richtung Westen konnte man beinahe bis zur Mittelmeerküste schauen, Richtung Norden bis nach Libanon und Richtung Osten nach Syrien.
Ein skurriles Bild! Der Golan ist so wunderschön! Es ist grün, man hat eine fantastische Aussicht, es gibt Felder, Blumen und Seen, hier und da zwitschern Vögel. Wir haben sogar 2 wilde Schildkröten gesehen. Und dann im Gegensatz zu dieser Friedlichkeit kannst du ab und zu eine weit entfernte Erschütterung hören. Nachts sogar den Lichtkegel von den Bomben, die in Syrien fallen. Nur ein paar Kilometer entfernt, während du friedlich durch die Natur wanderst... das angsteinflößenste waren allerdings die heulenden Kojoten in der dritten Nacht, nicht weit von unserem Zelt entfernt.
Zwischen all dem Feiern und Reisen musste ich dann noch mit meiner WG in eine andere Wohnung umziehen, da unser altes Haus verkauft wurde. Es war zwar viel Stress, der uns allen nicht so richtig reingepasst hat, unsere neue Wohnung ist jedoch um einiges schöner. Wir wohnen jetzt im 3. Stock und haben eine tolle Aussicht vom Küchenfenster übers Wadi – ins Tal. So macht Kochen nochmal mehr Spaß!;) Außerdem war hier in Israel eine riesige Schmetterlingswelle! Das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Scharen von roten Schmetterlingen sind vom Sinai über Israel Richtung Norden geflogen. Es war eines Freitag Morgens, als ich dies bemerkte. Ich lag nach dem Surfen am Strand und habe in den blauen Himmel geguckt, als ich mich über die vielen Schattenwerfer gewundert habe. Hunderte von Schmetterlingen konnte ich auf einmal sehen. Der Wahnsinn! Abgesehen vom Surfen gehe ich hier öfter mal Klettern und regelmäßig zum Malen, was mich sehr erfüllt. Im Moment male ich ein Foto von mir hier in Israel auf Öl. Ich habe im Moment für Dinge Zeit, die mir in Deutschland zwar auch schon Spaß gemacht haben, aber immer zu kurz kamen.

Letzte Woche hatten wir eine große Feier im Kfar. Dieses Jahr ist 50 jähriges Jubiläum der Gründung von Kfar Tikva. Seit Beginn gibt es hier deutsche Volontäre, die das Kfar seitdem mit aufgebaut haben und bis heute mit prägen. Zu diesem Anlass gab es eine große Feier. Es waren mehrere ehemalige Volontäre eingeladen, die auch Ansprachen gehalten haben. Faszinierend, was innerhalb von 50 Jahren aus diesem Fleckchen Erde geworden ist! Auch unser Tarbukaspieler war wieder da und hat die Stimmung aufgeheizt! Es gab noch eine Besonderheit an diesem Tag: Wir hatten Gäste aus Deutschland zu Besuch. Eine Gruppe von Menschen mit Behinderung aus dem Heinrich-Heine-Haus in Neuwied haben uns für ein paar Tage hier in Israel besucht. Eine kleine Gruppe von unseren Membern (die die etwas Deutsch sprechen) und wir Volontäre als Betreuung, sind 2 Tage lang mit unseren Gästen rumgereist. So hatte ich z.B. die Möglichkeit eine Bootstour auf dem See Genezareth zu machen und nach Akko zu kommen.


Meine Zeit hier rast nur so vorbei und fast jedes Wochenende ist schon was geplant. Die erste Mitfreiwillige macht sich sogar schon in zwei Wochen auf den Weg nach Hause. Ich genieße noch die letzten 3 Monate in vollen Zügen, genieße die Sonne, den Strand, das Surfen, die Arbeit mit den einzigartigen Membern und die Freiheiten, die ich hier in Israel genieße!
Fühlt euch gedrückt,

Allerliebste Grüße aus Israel!


                                                                                           Eure Malin

Sonntag, 25. Mai 2014


Rundbrief 2 - Das Land, die Kultur, die Politik, die Religion

Die Fotos die in diesen Rundbrief gehören wurden leider nicht mit hochgeladen - ich werde sie noch nachträglich einfügen!

Hallo liebe Daheimgebliebenen!

Nach langer Zeit kommt hier wieder ein Lebenszeichen von mir! Ein wenig verspätet, aber trotzdem nicht weniger herzlich wünsche ich euch allen noch ein frohes neues Jahr und hoffe, dass es viele tolle und erfüllende Momente für euch mit sich bringt.

In diesem Rundbrief werde ich weniger von meiner Arbeit berichten und mehr von meinen Erfahrungen und Reisen außerhalb des Projekts. Meine Absicht ist es nämlich, einen Eindruck vom Land Israel zu vermitteln. Dies ist keine einfache Aufgabe, denn es gibt nicht DIE Kultur, DIE Politik, DIE Religion, über die ich sprechen kann. Es gibt ja nicht mal so ganz einfach das Land, über das ich sprechen kann. Israel ist der jüdische Staat, allerdings kommen die hier wohnenden Juden ursprünglich aus allen Ecken der Welt, daher gibt es keine einheitliche Kultur. Das Judentum ist zwar die am meisten vertretene Kultur hier in Israel, aber es gibt noch viele weitere Kulturkreise. Zur politischen Lage kann man nur sagen … sie ist kompliziert. Kurz: das Leben hier ist munter, vielseitig, herzlich und offen, aber es zu erklären ist kompliziert. Eigentlich muss man es selbst erleben!

Ich werde ich einfach ein paar Beispiele aus meinen eigenen Erfahrungen im Alltag herauspicken und euch erzählen.

Ich werde von dem Land Israel erzählen – plus minus die palästinensischen Gebiete. Ich werde von der jüdischen Kultur berichten – wobei es große Unterschiede zwischen säkularen Juden, orthodoxen Juden und ultraorthodoxen Juden gibt. Ich werde von der parallelen arabischen Kultur berichten, wobei es sowohl muslimische, als auch christliche Araber gibt. Und da sind wir auch schon beim Thema Religion, welches hier in Israel eine entscheidende Rolle spielt. Juden, Araber, Christen (und weitere kleinere Kreise wie die Bahai) wohnen hier auf engstem Raum zusammen, denn die religiösen Stätten wie Jericho, Bethlehem, Hebron und vor allem Jerusalem spielen sowohl in der Thora, als auch im Koran, als auch in der Bibel eine wichtige Rolle. So streiten sich viele um diesen kleinen Fleck Erde.


Israel, mit einer Bevölkerung von 7,9 Mio Menschen, aber nur so groß wie Hessen, hat landschaftlich unglaublich viel zu bieten. Von den Golanhöhen im Norden, welche super zum Wandern sind, über den See Genezareth, weiter über die Mittelmeerküste und ihre wunderschönen Hafenstädte wie Akko, Haifa, Tel Aviv und Jaffo. Im Landesinneren das Tote Meer, die Negevwüste, eine Steinwüste mit unbeschreiblich schönen Aussichtspunkten (bis rüber nach Jordanien) und zuletzt ganz im Süden Eilat, der Zipfel am roten Meer. Da Israel so klein und gut mit Bussen zu bereisen ist, habe ich schon unzählige Wochenendtrips gemacht. Mit den anderen Volontären zusammen, reise ich Donnerstag nach der Arbeit ab und verbringe dann 1-2 Nächte irgendwo anders.


Vor ein paar Wochen zum Beispiel bin ich zusammen mit einer Volontärin eine Sozialarbeiterin aus dem Projekt im Kibbutz „Harduff“ besuchen gefahren. Dieses Kibbutz ist anthroposophisch und hat uns daher ein bisschen an die Heimat erinnert. Ein vegetarisches Kibbutz-Restaurant, Strickklamotten und Dr. Hauschka und Weleda Cremes im Kibbutz-Shop. Eine tolle Erfahrung, denn so ein Kibbutz ist ganz schön familien- und kinderfreundlich. Innerhalb des Kibbutzes fahren kaum Autos und alles liegt nah beieinander; Haus, Schule, Freunde, Spielgelegenheiten. In diesem Kibbutz gibt es sogar eine integrierte Behinderteneinrichtung, die viele Parallelen zu meiner Projektstelle aufweist. Was es im Vergleich zu traditionellen Kibbuzim nicht gab war eine „Chadar ochel“, ein gemeinsamer Speisesaal. Dies war ein typisch israelisches Wochenende, an welchem wir das Kibbutzleben inklusive Shabbatessen erlebt haben. Dies ist nur eines von vielen Beispielen, die die Gastfreundlichkeit der Israelis zeigt. Oft wird man eingeladen, zum Besuch, nach Hause und zum Essen.


Vor nicht allzu langer Zeit haben wir vom Projekt aus einen Volontärs-Ausflug in die Negevwüste nach Mizpe Ramon gemacht. Mizpe Ramon ist ein natürlicher Krater, mitten in der Wüste und bietet atemberaubende Aussichten. Am ersten Tag haben wir nach einer langen Wanderung im Krater ein Lagerfeuer und Abendessen gemacht und in einem Beduinenzelt geschlafen. Tagsüber ist es brüllend heiß und sonnig, nachts wird es super kalt. Zum Glück hatte ich eine Wärmflasche dabei. ;) Am nächsten Tag waren wir in einem Museum und haben den Ausblick vom Kraterrand genossen. Der Ausflug war zwar relativ kurz, dennoch hat es den Kontakt zwischen uns deutschen und zu den israelischen Volontären sowie zu unserem Koordinator sehr gestärkt.
Es war nicht das erste mal, dass ich einen Ausflug in die Wüste gemacht habe, denn auch am Toten Meer und bei Ein Gedi war ich schon. Die Negevwüste ist eine Steinwüste. So trocken sie auch ist, wohnen die Beduinen in unterschiedlichen Teilen in kleinen Hütten. Sowohl die Siedlungen, als auch die Beduinen selber sieht man am Straßenrand, z.B. beim Kamele treiben.

Ein Wochenende später war ich in Jerusalem. Da ich von Kiryat Tivon mit dem Direktbus nur 1,5h bis dorthin brauche war ich schon einige Male dort. Dieses Wochenende war ich zuerst auf einem Volontärsseminar und abends bei einem Volontärs-Abendessen von der deutschen Erlöserkirchengemeinde. Auch habe ich bei anderen Volontären übernachten können. Es gibt wirklich viele Angebote für Volontäre, denn hier in Israel gibt es alleine 800 Deutsche Volontäre! Am nächsten Tag habe ich bei einem Ausflug von „Breaking the Silence“ teilgenommen. Dies ist eine Organistation von ehemaligen Soldaten der IDF(Israel Defense Forces), die über die politische Lage, die israelische Armee und vieles mehr aufklären. Wir sind nach Hebron gefahren und durch eine jüdische Siedlung auf palästinensischem Boden gelaufen. Die Siedlug besteht aus 20% der Stadt. In den arabischen Teil sind wir nicht gegangen. Das Ganze war hoch interessant, eindrucksvoll aber auch schockierend! An solchen Tagen wird einem der Konflik zwischen Israelis und Palästinensern in seinem ganzen Ausmaß bewusst.

An einem anderen Wochenende habe ich mich „auf die andere Seite“ getraut. Zu Weihnachten habe ich von Rebekka einen Hamam-Gutschein geschenkt bekommen (Hamam ist so ähnlich wie eine Dampfsauna). Diesen haben wir in Ramallah eingelöst. Luftlinie zwischen Tivon und Ramallah beträgt ca. 90km. Um allerdings mit Bussen bis dort hin zu gelangen muss man ca. 5h Fahrzeit rechnen. Ein Direktbus bis nach Jerusalem (wie eben schon erwähnt 1,5h) welcher ca 8€ kostet, innerhalb Jerusalems muss man dann zum arabischen Busbahnhof Ostjerusalems gelangen. Von dort fährt ein Direktbus bis nach Ramallah, für ca. 1,5€. Die Fahrt geht hauptsächlich an der Mauer entlang bis zum Checkpoint, daher zieht sich die Fahrt ziemlich in die Länge. Einmal über den Checkpoint gelangt ist man dann auch flott angekommen. Schon komisch, dass für uns die Einreise an sich kein Problem ist – für die Israelis allerdings ein absolutes Tabu, da es A-Zonen Gebiet ist.
In Palästina kommt man wie in eine andere Welt. Alles ist chaotischer, wuseliger,
die Frauen tragen großteils Kopftuch oder sogar Burka und statt Hebräisch wird Arabisch gesprochen. Uns fällt es schwer unsere grade erst stolz erworbenen Hebräisch-Kenntnisse zu verbergen und uns als „einfache Touristen“ auszugeben. Denn ein lieb gemeintes „Shalom“ (hallo) oder „Toda“ (Danke) ist ganz schön verpönt und macht einem keine Freunde, sondern führt schnell zu einer angespannten Stimmung. Da Freitag ist, ist in der arabischen Stadt alles wie ausgestorben. Erst Nachmittags geht das Leben wieder los und wir erkunden die Stadt. Wir schlafen in einem Hostel, welches super gemütlich und ein Treffpunkt für alle Europäer ist. Vom Hostel aus werden jedes Wochenende Touren durch die Stadt angeboten. Wirklich auffällig ist, dass in Palästina kaum Gelder in die Tourismusbranche fließen, was das Bereisen noch zu einer Herausforderung macht. Seit letztem Jahr gibt es allerdings in allen großen palästinänsischen Städten Hostels, welche immer auch private Führungen anbieten. Vom Reisen, Unterkunft und Essen ist es in Palästina um einiges günstiger als Israel.
Auffällig fand ich auch, dass die Busfahrer besser Englisch können, als hier in Israel.

Nun möchte ich aber noch einmal genauer auf die israelische Kultur eingehen. Wie schon erwähnt, geht es viel um Religion. Nicht nur einmal wurde ich gefragt, ob ich Jude sei. Als ich die Frage verneint habe war mein Gesprächspartner sehr erstaunt und hat mich gefragt, warum ich denn dann überhaupt hier sei. Wenn ich dann sage, dass ich hier einfach nur so als Volontär arbeite, sind viele verwundert, aber total begeistert darüber, dass ich dies für den Staat Israel tue.

Den ersten Kontakt zu Israelis hatte ich auf der Arbeit, zu gleichaltrigen israelischen Volontären, „Shinshin“, die auch ein soziales Jahr nach der Schule und vor ihrem Militärsdienst leisten. Dieser direkte Deutsch-Israelische-Austausch ist ziemlich intensiv und unglaublich erfüllend. Wir deutsche Volontäre lernen durch sie viel über die israelische Mentalität, Ansichten, die Kultur etc., aber sie sind auch sehr interessiert an unserer Ansicht über Deutschland, Israel und das Christentum. z.B. haben wir mit ihnen ein richtiges Weihnachts-Festmahl gefeiert. Wir haben gekocht, gebacken und musiziert: Flädlesuppe, Kartoffelsalat und Würstchen, Königinpastete, Rotkohl, Erbsen, Brot und zum Nachtisch Kuchen und Plätzlichen … und sie davon überzeugen können, Weihnachten mal in Deutschland zu erleben.

Wir zeigen und erzählen den Shinshin ein wenig von unserer Kultur, wir jedoch können die israelische Kultur richtig miterleben. Denn in Israel gibt es unzählig viele Feiertage! Jom-Kippur, Sukkot, Rosh ha Schana (jüdisches Neujahr) und Chanukka (ähnlich wie Weihnachten) waren schon, Purim (ähnlich wie Karneval) und Pessach kommen noch. Bei uns im Kfar werden diese Feiertage alle gefeiert und wir Volontäre der Musikgruppe untermalen die Feiern musikalisch. Das Besondere an jüdischen Feiertagen ist, dass sie immer bei Sonnenuntergang beginnen und bei Sonnenuntergang des darauf folgenden Tages enden. In der jüdischen Kultur gibt es viel Musik und es wird gesungen, getanzt und gegessen!

Das Gleiche gilt für Shabbat, welcher jeden Samstag gefeiert wird. Shabbat wird unterschiedlich ausgeprägt gefeiert, so dürfen orthodoxe Juden keine elektrischen Geräte betätigen (inklusive Herd, Lichtschalter, Auto, …) und säkulare Juden nutzen den Shabbat als Familienausflugstag. Von Freitag Mittag bis Samstag Abend fahren keine israelischen Buslinien, daher müssen wir uns früh genug überlegen, ob wir das Wochenende woanders verbrigen wollen. Hier in Kiryat Tivon haben wir allerdings das Glück, dass wir in der Nähe von Nazareth wohnen und es daher arabische Busse gibt, die uns selbst am Shabbat nach Haifa bringen können. Damit sind wir am Wochenende besser angebunden, als manch anderer in Tel Aviv!

Eine typisch jüdische Tradition ist auch koscheres Essen. Dies bedeutet, dass Fleisch- und Milchprodukte nicht gleichzeitig oder von einem Geschirr gegessen werden dürfen. Koscher Essen wird hier allerdings von Familie zu Familie unterschiedlich streng gesehen. Fleisch- und Milchprodukte dürfen demnach eigentlich nicht mal im gleichen Kühlschrank aufgehoben werden. Was jedoch die meisten hier wirklich nicht essen würden, wäre z.B. eine Salami-Pizza mit Käse. Traurig aber wahr: bei einem koscheren Mc Donalds kann man hier keinen Cheesburger finden.

Die jüdischen Feiertage sind einheitlich, sonstige traditionelle Sitten können allerdings stark variieren. Dies ist leicht verständlich, wenn man sich bewusst macht, dass die meisten israelischen Juden erst in der 2. Generation hier leben und ursprünglich aus Russland, Europa, Amerika, Äthiopien oder anderen Nahost-Ländern kommen. Demnach gibt es sogar auch arabische Juden. Hebräisch ist eine sehr junge Sprache und viele Israelis sprechen neben dieser Landessprache noch Englisch und/oder Jiddisch/Deutsch, Französisch, Spanisch, Russisch, Arabisch, Persisch …
Aus dem gleichen Grund fällt es mir schwer, eine israelische Esskultur zu benennen. Klar, wir essen hier super oft und gerne Falaffel, Humus (Kichererbsenmus) und Trina (eine Sesam-Soße), aber ansonsten wird hier ziemlich interkulturell gekocht. Wegen des warmen Klimas hat Israel das Glück, dass hier viel Obst und Gemüse wächst. Dieses reicht von Avocado und Kartoffeln über Orangen, Pomelos und Khaki bis hin zu Mandeln, Maracuja und Bananen. Bei mir im Projekt stehen vier große Pomelo-Bäume, so pflücken wir uns jede Frühstückspause eine frische Frucht. Wenn man durch die Straßen läuft findet man auch immer mal wieder einen Orangen- oder Granatapfelbaum für eine Wegzehrung. Irgendwie schon paradiesisch.

Ein großer Unterschied zwischen Israel und Deutschland ist, dass das Militär in Israel Teil des täglichen Lebens ist. Jeder Jugendliche muss in der Armee dienen. Frauen zwei, Männer drei Jahre. Die Meinungen darüber sind sehr geteilt, aber da Israel in akuten, politischen Konflikten involviert ist, bleibt den jungen Israelis gar keine andere Wahl, als für ihr Land zu dienen und Israel zu verteidigen. Das macht es für uns schwer, gleichaltrige Israelis kennenzulernen, da fast alle zwischen 18 und 22 in der Armee sind und nur alle zwei Wochen das Wochenende zuhause verbringen.

Diese Woche war ich auf einem Freiwilligenseminar, welches über die Entwicklung das Staates Israel war. Wir hatten einige Vorträge zur Entwicklung der Kibbuzim, der Kunst und des Schulsystems. Besonders hat mich der Vortrag zum israelischen Schulwesen zum Staunen gebracht.

Es gibt eine Schulpflicht von 12 Jahren und alle Israelis gehen aufs Gymnasium. Eine Realschule oder Hauptschule gibt es nicht. Auch gibt es nicht die Möglichkeit eine Ausbildung zu machen. Daher versuchen alle, ihre Abschlussprüfung (mit dem Abitur zu vergleichen) zu bekommen, um studieren zu können. Das Erschreckende ist allerdings, dass im Schnitt nur 50% aller Schüler diese bestehen! Die Zahlen schwanken sehr von Region zu Region. Fallss man durchfällt, gibt es die Möglichkeit, die Abschlussprüfung nach dem Militär noch einmal zu wiederholen, denn sonst hat man keinen Schulabschluss.
Die orthodoxen Juden haben ihre eigenen Thora-Schulen. In den Thora-Schulen wird das Judentum gelehrt, alle weiteren Themen wie Naturwissenschaften, Demokratie, Zionismus … werden ausgelassen. Dies führt dazu, dass orthodoxe Schüler eine komplett andere Bildung haben, als alle anderen Israelis. Ich selber weiß relativ wenig über orthodoxe Juden und ihre Sitten, denn sie sind kaum in die Gesellschaft integriert. Oft trifft man bei Israelis sogar auf Wut, wenn man auf die Orthodoxen zu sprechen kommt. Einer der Gründe ist, dass sie von der Armee-Pflicht befreit sind – dieses Recht wird im Moment allerdings stark diskutiert. Ein anderer Grund ist, dass sie nicht verpflichtet sind zu arbeiten und auf Staatskosten leben. Das Resultat dieses Systems ist, dass es in Israel eine sehr breite Bildunsspanne und zu wenig ausgebildete Handwerker gibt.
In diesem Zusammenhang muss ich noch erwähnen, dass in Israel Religion und Staat nicht getrennt sind. Dies ist zwar die Grundlage des jüdischen Staates Israel, es ruft jedoch viele Probleme auf und erschwert einiges in dieser heterogenen Gesellschaft.

Ich bin wirklich froh, dass ich neben meiner Arbeit so viele Möglichkeiten habe dieses Land zu bereisen und seine Bewohner kennen zu lernen. Es ist einfach so unglaublich interessant und vielseitig. Es ist so ein Mix zwischen Natur und Kultur sowie Spannung und Entspannung. Ich genieße es, viele Erfahrugen zu machen und Zeit zu haben, über mich und die Welt nachzudenken. Dabei bin ich ziemlich verblüfft, dass schon die Hälfte meiner Zeit hier vorbei ist. Für die nächsten Wochen und Monate habe ich schon einiges geplant, das Wetter wird noch besser und die Zeit vergeht im Nu. Ich bin so dankbar, diese Erfahrugen machen zu dürfen und mich von diesem Land, diesen Menschen, dieser Zeit bereichern zu lassen!

Ein dicker Kuss nach Hause,

Eure Malin    (Geschrieben Februar 2014)

PS: Der nächste Rundbrief kommt schon in wenigen Tagen! :)